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Marcus Heinemann, Ausschnitt aus einem ... |
Marcus Heinemann im Garten hinter ... |
Artikel über Benennung der ... |
Eine Ur-Urenkelin Marcus Heinemanns zu ... |
Marcus Heinemann, Gemälde von Hugo ... |
Sohn von
Bruder von
Vater von
Ehemann von Henriette Heinemann, geborene Lindenberg [*1836]
Familie Abraham Ahrons (1763-1790)
Familie Isaak Abraham Ahrons (1790-1799)
Familie Marcus Heinemann (1862-1939)
Familie Salomon Heinemann (1860er/1870er)
Adolf und Hulda Schickler (1935-1942)
Sally und Lucie Baden-Behr (1939, 1941)
Große Bäckerstraße 23
Lüneburg
Familie Simon Heinemann (1815-1855)
Familie Sally Heinemann (1855-1901)
Familie Marcus Heinemann (1856-1862)
Gebrüder Heinemann, Textilwaren (ab 1815)
Firma Simon Heinemann, Bankgeschäft, Wollwaren, Manufacturwaren (1821-1901); Zweigniederlassung Hannoversche Bank, vormals Simon Heinemann (1901-1920);
Deutsche Bank (seit 1920)
Der Kaufmann und Bankier Marcus Heinemann, geboren 1819 in Lüneburg, gestorben 1908 ebenda, war einer der wohlhabendsten Männer der damaligen Provinz Hannover und einer der größten Wohltäter sowohl innerhalb der jüdischen Gemeinde als auch in der Stadt und der Region.
Seine Familie stammte ursprünglich aus dem fränkischen Reckendorf, kam Mitte des 18. Jahrhunderts in das Elbstädtchen Bleckede und um 1810 ins nahegelegene Lüneburg. Dort gründete Marcus" Vater Simon Heinemann 1814 eine „Handlung“ und stieg mit Bankgeschäften und Geldwechsel rasch auf. 1843 wurde ihm zusammen mit Moses Salomon und Wolf Hirsch Michaels als ersten Juden in Lüneburg das Bürgerrecht gewährt. Aus dieser Zeit stammt auch die Zulassung der Heinemanns für den Tuchhandel, der ihnen als Juden bis dahin verwehrt geblieben war. Um 1850 übernahmen Simons Söhne Sally, Marcus und Salomon Bank und Geschäft.
Mit seiner Frau Henriette Heinemann geb. Lindenberg hatte Marcus Heinemann 17 Kinder, von denen beim Tod ihres Vaters 1908 noch 13 lebten. 1862 kaufte die Familie das alte Patrizierhaus in der Großen Bäckerstraße 23, das ihnen bis zur "Arisierung" 1940 gehörte. Marcus Heinemanns geliebte Frau Henriette starb schon 1883, nach der Geburt des letzten Sohnes Henry. Nach Henriettes Tod kümmerten sich dann die älteren Töchter Martha und Emilie um ihren Vater und die kleineren Geschwister.
Marcus Heinemann war Mitglied, Vorstandsmitglied und Gründer zahlloser Verbände und Institutionen in Lüneburg: der Handelskammer, des Handelsvereins, der gemeinnützigen Baugesellschaft, des Haus- und Grundbesitzervereins und auch des Museumsvereins für das Fürstentum Lüneburg. Besonders am Herzen lag dem frommen Juden sein Amt als Vorsteher der Synagogengemeinde, das er jahrzehntelang ausfüllte.
Er war Motor und Hauptfinanzier des Baus der großen Lüneburger Synagoge in den 1890er Jahren. Nach einer katastrophalen Elbflut rund um Dömitz im Jahre 1888 war er Mitinitiator und Schatzmeister eines Hilfskomitees für die Überschwemmten, das fast 500.000 Mark aus ganz Deutschland sammelte. Zu diesem Anlass besuchte Kaiserin Viktoria, Gattin des 100-Tage-Kaisers Friedrich III., Lüneburg und sprach unter anderem mit Marcus Heinemann, der die Gelegenheit nutzte, die Kaiserin über das beunruhigende Anwachsen des Antisemitismus zu informieren.
Als Marcus Heinemann 1908 mit fast 90 Jahren als ältester Bürger Lüneburgs starb, verglich ihn der Landrabbiner Dr. Gronemann in seiner Trauerrede mit dem biblischen Joseph, dem Ernährer, erfüllt von dem Geist der Weisheit und der praktischen Einsicht:
"Auch unter seiner Verwaltung haben sich die Vorräte der Erde reichlich vermehrt und er hat im Verein mit seinen Brüdern sein Geschäftshaus groß und angesehen gemacht in der Welt. Sein großer kaufmännischer Geist fand Beachtung bei seinen Berufsgenossen, die ihn in die Vertretung des Handels und mit anderen Spitze berufen hatten. Aber es war doch kein bloßer Erwerbssinn, der nur bestrebt ist, für sich und seine Familie zu sammeln und anzuhäufen. [...] er hat seine Vorratshäuser geöffnet allen Hungernden und mit bekannter Freigebigkeit von seiner Fülle reichlich gespendet. [...] Es gab wohl in dieser Stadt keine wohltätige, gemeinnützige, soziale Einrichtung, die er nicht durch hervorragende Mitarbeit gefördert, wenn nicht mitbegründet hat. [...] Und dabei [...] ist wohl selten ein Mensch zu finden, der so wenig von Eitelkeit und Ehrgeiz getrieben war. [...] Wir haben ihn alle gekannt in seiner Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit und in der Zartheit seines Wesens."
1909, kurz nach seinem Tod, benannte die Stadt in großer Dankbarkeit eine Straße nach Marcus Heinemann. Diese Ehre war ihm eigentlich zu seinem 90. Geburtstag zugedacht gewesen. 1933 entzog die Stadt der Straße diesen Namen und nannte sie stattdessen nach dem NS-Dichter Albert Leo Schlageter. Nach dem Ende der NS-Zeit erhielt sie wieder ihren alten Namen.
Im Museum für das Fürstentum Lüneburg gab es seit 1913 einen Marcus-Heinemann-Saal mit bedeutenden Objekten, die die Familie dem Museum geschenkt hatte. Auch dieser Name wurde in der NS-Zeit fallengelassen und durch "Renaissance-Saal" ersetzt. 2015 benannte das Museum wiederum einen Saal nach Marcus Heinemann, in Anwesenheit von Nachfahren der Heinemann-Familie aus aller Welt.
Quellen und Infos:
Manfred Göske, Die Familie Heinemann, Manuskript. Sammlung Manfred Göske, Museum Lüneburg.
Reden bei der Trauerfeier unseres Vaters Marcus Heinemann in Lüneburg am 30. Dezember 1908, Landrabbiner Dr. Gronemann, S. 8/9. Privatbesitz Kristina Heinemann, New York.
Infos zum Marcus-Heinemann-Saal-im Museum Lüneburg