Menschen

Hier finden sich Namen, Lebensdaten, Biografien und Familiengeschichten zu jüdischem Leben in Lüneburg. Haben Sie weitere Informationen, Korrekturen, Fotografien, Dokumente oder Anregungen? Nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf, damit wir die Seiten aktualisieren können.

Suchen Sie nach Namen, Orten oder Begriffen
oder wählen Sie einen Namensbereich    A - F      G - L      M - R      S - Z   

 

Theodor Philipp [*1837]

Geboren am 12.09.1837 in Wandsbek, gestorben am 03.09.1911 in Harburg im Alter von 74 Jahren
Grabstein von Theodor Philipp, Jüdischer Friedhof Lüneburg; Privatbesitz Ruth Lustig
Grabstein von Theodor Philipp, ...
Grabstein von Theodor Philipp (hebräische Seite), Jüdischer Friedhof Lüneburg; Privatbesitz Ruth Lustig
Grabstein von Theodor Philipp ...
Gebetbuch von Theodor Philipp; Privatbesitz Ruth Lustig
Gebetbuch von Theodor Philipp
...

Wohnort

Theodor Philipp (1865-1867)

Salzstraße 1
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Theodor Philipp (1867)

Rote Straße 3
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Theodor Philipp (1869 - 1871)

Wandfärberstraße 7
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Theodor Philipp (1871)

Neue Sülze 20
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Theodor Philipp (1871-1877)

Große Bäckerstraße 10
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Theodor Philipp (1877-1892)

Heiligengeiststraße 15
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Theodor Philipp (1892-1897)

Bardowicker Straße 24
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Theodor Philipp (1897-1909)

Vor dem Bardowicker Tore 36
21335 Lüneburg

Arbeitsstätte

Papiergeschäft der Familie Theodor Philipp (1871 - 1877)

Große Bäckerstraße 10
21335 Lüneburg

Arbeitsstätte

Die Lüneburger Synagoge (1894-1938)
Mikwe (rituelles Tauchbad)

Am Schifferwall 5
Lüneburg

Arbeitsstätte

"Synagogenlokal" der jüdischen Gemeinde (1857-1872, 1876-1894)

An den Brodbänken 9 (heute Koltmannstraße 9)
Lüneburg

Arbeitsstätte

Schule der jüdischen Gemeinde in den Räumen der Handelsschule/Gewerbeschule, Heiligengeistschule II (1875-1876)

An der Münze 7
Lüneburg

Theodor (Tovia) Philipp wurde 1837 in Wandsbek geboren. Seine Eltern waren Simon (Schimschon) Philipp und Hannchen geb. Wolff, die aus Reckendorf in Franken stammte (genau wie die Vorfahren von Simon Heinemann). Von 1852-1860 machte Theodor Philipp eine kaufmännische Ausbildung und war in Altona und Dannenberg tätig. Danach entschied er sich für einen neuen Beruf: Von 1861-1863 besuchte er die Bildungsanstalt für jüdische Lehrer in Hannover. Seine erste Stelle trat er 1863 als Lehrer der jüdischen Gemeinde in Wunstorf an.

Die nächste Stelle behielt er deutlich länger: Vom 14.7.1865 bis 31.3.1909 war er als Lehrer der Lüneburger jüdischen Gemeinde tätig. Dort war man sehr froh über diese Konstanz, waren jedoch Philipps Vorgänger Simon Moses Warenheim und L. Löwenstein jeweils nur wenige Jahre in Lüneburg geblieben. Zu den Aufgaben des Lehrers gehörte es zu jener Zeit nicht nur, Vorbeter und Kantor der Gemeinde zu sein und die Kinder in jüdischer Religion zu unterrichten: Er war auch für Hochzeiten und Beerdigungen sowie für das rituelle Schächten zuständig.

Nach den ersten zwei Jahren in Lüneburg heiratete Theodor Philipp 1867 die aus Rendsburg stammende Rosa Wallach. 1868 wurde ihr Sohn Samuel geboren, 1869 ihre Tochter Olga. In den 1870er Jahren betrieben Theodor und Rosa Philipp zusätzlich zu seiner nicht besonders gut bezahlten Lehrertätigkeit ein Papiergeschäft in der Großen Bäckerstraße 10.

In den 1860er Jahren zog Theodor als Alleinstehender und dann auch mit Familie als Untermieter häufig um. Von 1877 bis 1892 mieteten die Philipps schließlich eine eigene Wohnung in der Heiligengeiststraße 15. 1902 starb Theodors geliebte Frau Rosa. 1909 ging er nach 44 Jahren in Lüneburg in den Ruhestand.

Die überregionale jüdische Wochenzeitung "Der Israelit" veröffentlichte einen Nachruf, in dem es u.a. hieß: "Seiner Gemeinde war er stets ein Vorbild in hingebender Pflichterfüllung und in der Pflege des Friedens. Seine trefflichen Eigenschaften brachten ihm die uneingeschränkte Verehrung der Gemeinde, und auch in weiten Kreisen der hiesigen Bürgerschaft genoß er Wertschätzung."

Zu seinem Nachfolger wurde der aus Aurich stammende Joseph Isaak Wolff ernannt. Theodor Philipp zog zu seiner Tochter Olga Baruch und ihrer Familie in Harburg. Er starb am 3.9.1911 in Harburg und wurde neben seiner Frau Rosa auf dem Jüdischen Friedhof in Lüneburg beigesetzt.

Um 2010 tauchte in Hamburg an der Staats- und Universitätsbibliothek ein Buch auf, dessen Eigentümer Theodor Philipp gewesen war. Er hatte es offenbar oft benutzt, genau studiert und mit vielen handschriftlichen Notizen versehen. Es handelte sich um eine "Vorbeterschule" für Rabbiner und Lehrer, eine Sammlung von Synagogen-Gesängen mit Texten in hebräischer und lateinischer Schrift. Der Band war 1941 von der Gestapo Hamburg zusammen mit tausenden anderer geraubter Bücher der Bibliothek "geschenkt" worden. Vermutlich hatte die Gestapo es kurz zuvor bei Theodor Philipps Tochter Olga Baruch beschlagnahmt, die mit ihrer Familie aus Hamburg deportiert worden war. 2018 konnte das Buch als NS-Raubgut an Theodor Philipps Urenkelin und Erbin Ruth Lustig zurückgegeben werden. Sie entschloss sich, es dem Museum Lüneburg zu schenken. Dort ist in der Dauerausstellung ein Film über Ruth Lustig geb. Marx und die Geschichte ihrer Familie in Lüneburg zu sehen. Seit 2018 gehören zu der Darstellung auch einige faksimilierte Seiten aus Theodor Philipps Buch.


Quellen und Infos:

Eintrag "Philipp, Theodor" über die Restitution der Vorbeterschule an die SUB Hamburg

Zvi Asaria, Die Juden in Niedersachsen, S. 126/127.

Nachruf auf Theodor Philipp, in: Der Israelit, 15.04.1909.

Namensvarianten: Tovia