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Tochter von
Schwester von
Anna - genannt Anny - Meer wurde 1915 in Lüneburg als zweites Kind von Ella und Karl Meer geboren. Ihrem Vater gehörte das "Wäschehaus Karl Meer" in der Altenbrückertorstraße. Anny wuchs mit ihrem Bruder Hermann und ihren jüngeren Schwestern Selma und Ilse in Lüneburg auf.
Nach dem Abschluss der Mittelschule in Lüneburg besuchte Anny 1931/32 in Harburg die Höhere Handelsschule. Dort erlebte sie zum ersten Mal direkte antisemitische Anfeindungen. Auch in Lüneburg gingen ehemalige Schulfreundinnen auf Distanz, wie Sibylle Bollgöhn 1995 schrieb: "Gerade deshalb erinnert sich Frau Latzer noch so genau an den Besuch einer Schulkameradin, die nicht zum eigentlich engeren Freundeskreis gehörte. Dieses Mädchen, Hanna Feil, demonstrierte mir ihrem Besuch ihre Verbundenheit. Frau Latzer hat diesen Besuch bis heute als ein Zeichen der Solidarität im Gedächtnis behalten."
Später arbeitete Anny Meer beim Warenhaus Gubi im Büro, ihr Chef war der ebenfalls zur jüdischen Gemeinde gehörende Henry Jacobson. In der NS-Zeit hatte sie nicht mehr viel Kontakt mit der nichtjüdischen Lüneburger Gesellschaft. Später erinnerte sie sich: "Ich habe keine persönlichen Anfeindungen erlebt, vielleicht zum Tiel auf mein "arisches Aussehen" zurückzuführen. Es war aber furchtbar, wenn man die Nazis mit ihrem Gesang ("Judenblut vom Messer spritzt" etc.) mit ihren schweren Stiefeln durch die Straßen marschieren hörte."
Die Familie Meer bereitete schon bald nach dem Beginn der NS-Zeit ihre Auswanderung vor. 1933 ging Annys Bruder Hermann als erster nach Palästina, 1934 folgten die Eltern mit den beiden jüngeren Töchtern. "Ich durfte nicht mitkommen", so erzählte Anny es später, "da ich bereits das 18. Lebensjahr überschritten hatte. Meine Eltern wollten nicht, daß ich in Lüneburg bleibe, weil sie besorgt waren, daß ich als Jüdin schlecht behandelt werden würde, und so fuhr ich zu Verwandten nach Berlin."
Anny konnte bei den Verwandten in Berlin in deren Leihbücherei arbeiten. Sie wurde Mitglied einer Berliner zionistischen Jugendgruppe. 1935 konnte sie zu ihren Eltern nach Palästina ausreisen. Das Klima und die sehr beengte Wohnsituation ihrer Familie machten ihr zu schaffen. Sie arbeitete als Dienstmädchen, lernte in Abendschul-Kursen Hebräisch und wurde Sekretärin für verschiedene Zeitungen. Sie heiratete den aus Österreich stammenden Rudolf Latzer, der als Taxifahrer arbeitete, und bekam mit ihm drei Kinder.
In den 1950er Jahren fing sie an, für ein Rechtswanwaltsbüro zu arbeiten, dass Entschädigungsanträge für NS-Verfolgte bearbeitete. Auch Anny Latzer bemühte sich um Entschädigung, fuhr deshalb sogar 1962 zum ersten Mal wieder nach Deutschland. Später kam sie wieder mit alten Bekannten in Lüneburg in Kontakt und besuchte sie regelmäßig im Sommer, wenn ihr die Hitze in Israel zu viel wurde.
1999 starb Anny Latzer in Haifa.
Namensvarianten: Anny