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Ella Meer, geborene Gaber [*1889]

Geboren am 08.10.1889 in Zablotow, Galizien, Österreich-Ungarn (heute Sabolotiw, Ukraine), gestorben in Israel

Wohnort

Leopold Less (1899)
Familie Karl Meer (1916-1931)
Familie Marcus Leo Feintuch (1916-1919)
Salomon Brandweinmann (1920)

Auf dem Kauf 1
Lüneburg

Wohnort

Familie Karl Meer (1914-1916)

Neue Sülze 11
Lüneburg

Ella Gaber (Garber), als deren Vorname manchmal auch Anna genannt wird, wurde 1889 in Zabłotów geboren, das damals zum österreichisch-ungarischen Landesteil Galizien gehörte. Um 1912 heiratete sie den aus dem nahegelegenen Pistyn stammenden Grundschullehrer Karl (Kopel) Meer. Im August 1913 brachte Ella ihr erstes Kind Hermann (Hersch) in Zabłotów zur Welt.

Kurz danach verließ ihr Mann Karl Meer Galizien, das in jener Zeit von sozialen Problemen und antisemitischer Gewalt gebeutelt war. Er zog nach Lüneburg - vielleicht hatte er dort Bekannte oder Verwandte aus Galizien. Ella und das Baby Hermann kamen im Juli 1914 nach, kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges.

1915 wurde das zweite Kind der Meers, die Tochter Anna (Anny) in Lüneburg geboren. Wenig später musste Karl Meer Lüneburg verlassen, um im Ersten Weltkrieg im österreichischen Militär zu dienen. Kurz vor seiner einjährigen Militärzeit heirateten Ella und Karl auch standesamtlich - vorher waren sie schon nach jüdischem Ritus verheiratet. Die Trauungsliste der Synagogengemeinde vermerkt: "Kriegstrauung beim Standesamt".

Im Dezember 1916 wurde Sohn Max geboren, der tragischerweise schon nach wenigen Wochen starb. 1917 kam Tochter Selma, 1920 Tochter Ilse zur Welt. Ella Meer führte einen koscheren Haushalt: Die Lebensmittel kaufte sie hauptsächlich in Hamburg, das Fleisch holte sie bei Schlachter Hedder in der Grapengießerstraße, wo es an bestimmten Tagen koscheres Fleisch zu kaufen gab.

Seit 1916 wohnte die Familie Auf dem Kauf in der Altstadt. Karl Meer hatte zunächst ein Geschäft in Hamburg gegründet, das er jedoch schon bald nach Lüneburg verlegte und "Hamburger Wäschehaus Karl Meer" nannte. Der Laden befand sich in der Altenbrücker Torstraße 5, in prominenter Lage am Eingang zur Altstadt. Das Geschäft bot viele günstige Waren an und war in Lüneburg sehr beliebt. Der Familie ging es wirtschaftlich gut. Dennoch gab es wenig Kontakte zu den alteingesessenen Mitgliedern der jüdischen Gemeinde in Lüneburg. "Ostjuden" wie die Meers und andere aus Galizien zugezogene Familien hatten es schwer, von den zumeist stark assimilierten Lüneburger Juden anerkannt zu werden.

Hermann Meer erinnerte sich Jahrzehnte später: „Als ehemaliger k.u.k -Volksschullehrer sprach und schrieb mein Vater fehlerlos deutsch. [...] Meine drei Schwestern wurden in Lüneburg geboren. Anni absolvierte die Höhere Handelsschule in Harburg, Sema besuchte die Mittelschule, Ilse die Wilhelm-Raabe-Schule.  Ich selbst beschäftigte mich schon während meiner Schulzeit gründlich mit deutscher Literatur und Geschichte. Bis zu meiner Auswanderung 1933 hatten meine Eltern und wir Geschwister selbst absolut keinen gesellschaftlichen Kontakt mit Mitgliedern der deutsch-jüdischen Gemeinde. [...] Die Familien Günsberg, Klein und Lengel wurden schon frühzeitig naturalisiert, waren also vom legalen Standpunkt preußische Staatsbürger. Sie wurden genau wie alle andern Ostjuden von deutschen Gemeindemitgliedern nicht akzeptiert. Wir Ostjuden pflegten aber untereinander einen gesellschaftlichen Verkehr und fühlten uns recht wohl dabei, weil wir andere Sitten und Weltanschauung als unsere deutschen Glaubensgenossen hatten."

Möglicherweise auch vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen schloss sich Hermann Meer in Hamburg einer zionistischen Studentenverbindung an und bereitete schon vor 1933 seine Auswanderung nach Palästina vor. Nachdem die Nationalsozialisten 1933 an die Macht gekommen waren, versuchten auch seine Schwestern und seine Eltern bald, das Land zu verlassen. Angesichts von Boykottaktionen und antisemitischen Schikanen musste Karl Meer sein Geschäft kurz nach dem Beginn der NS-Zeit schließen.

Im Winter 1934/35 mussten Ella und Karl Meer zum zweiten Mal ein Land hinter sich lassen: zusammen mit ihrer Tochter Selma flohen sie von Deutschland nach Palästina, wo Sohn Hermann und Tochter Ilse bereits lebten. Tochter Anny kam wenig später nach. Die Familie lebte von nun an in Haifa.


Quellen und Infos:

"Familie Meer", in: Sybille Bollgöhn, Jüdische Familien in Lüneburg, Lüneburg 1995, Seite 76-83

Manfred Göske, Manuskripte "Ostjuden in Lüneburg" und "Lüneburger Zionisten" mit Kommentaren von Hermann Meer; Sammlung Manfred Göske, Museum Lüneburg



Namensvarianten: Anna Garber Koppel