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Ehefrau von Albert Horwitz [*1890]
Anna "Anni" Ahrens wurde 1899 in Lüneburg geboren. Sie wuchs in ihrer (evangelischen, nichtjüdischen) Familie in der Conventstraße 2 auf. 1932 heiratete sie in Lüneburg den Viehhändler Albert Horwitz, ebenfalls evangelisch, der aus der jüdischen Familie Horwitz stammte. Anna zog zu ihm in das Haus Auf dem Kauf 13, das der Familie Horwitz schon lange gehörte.
Kurz nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten begannen Schikanen, rassistische Übergriffe und Boykotte gegen die Familie Horwitz. Ab 1935 durfte Albert Horwitz, der von den Nationalsozialisten als "Volljude" verfolgt wurde, seinen Beruf nicht mehr ausüben, Anna und Albert Horwitz hatten keinerlei Einkünfte mehr. Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurde Albert Horwitz ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Seine Frau Anna hielt die ganze Zeit fest zu ihm, obwohl sie als "arische" Ehepartnerin immer wieder unter Druck gesetzt wurde, sich scheiden zu lassen. Ende 1938 wurden die beiden gezwungen, das Haus Auf dem Kauf 13 weit unter Wert zu verkaufen. Ihnen wurde nur für kurze Zeit noch ein Wohnrecht in einer kleinen Wohnung in dem Haus eingeräumt.
1940 versuchte das Ehepaar Horwitz mit allen Mitteln, Deutschland zu verlassen. Alberts Schwester Selma, die bereits in die USA emigriert waren, unterstützte sie nach Kräften. Die Ausreise war schließlich für den Herbst 1941 geplant, zog sich jedoch noch hin. Als schließlich alles vorbereitet war, machte der Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 allen Emigrationsplänen ein Ende.
Anna und Albert Horwitz durften nicht mehr länger in der Wohnung Auf dem Kauf 13 bleiben. In den nächsten Jahren waren sie nach eigenen Angaben gezwungen, "in Elendsquartieren zu hausen." Bekannt ist, dass sie 1940-1941 in einem Bootsschuppen am Lünerdamm 17 unterkamen, danach dann eine Weile in der Salzbrücker Straße 64, im ebenfalls "arisierten" Haus der Familie Lengel.
In den letzten Kriegsmonaten, als Albert Horwitz die Deportation drohte, konnte er sich retten, indem er sich u.a. bei Georg Schmidt versteckte, dem nichtjüdischen Ehemann seiner Cousine Alice Schmidt geb. Horwitz. So überlebten Albert und Anna Horwitz schließlich Krieg und Verfolgung.
In den 1950er Jahren begannen die beiden damit, Entschädigungen für materielle, berufliche und körperliche Schäden zu beantragen. Die Verfahren zogen sich über Jahrzehnte hin. Der Anwalt der beiden schrieb 1965: "Frau Horwitz war selbst verfolgt, da sie die ganze Zeit treu zu ihrem Mann gehalten hat. Sie hat mit ihm die Wohnung verlassen (innerhalb von 24 Stunden) und war ebenfalls den ganzen Beschimpfungen und Verfolgungen ausgesetzt wie ihr Mann."
Albert Horwitz starb 1965 in Lüneburg. Seine Witwe Anna starb 1979.
Quellen und Infos:
Sybille Bollgöhn, Jüdische Familien in Lüneburg, Lüneburg 1995, S. 129-130
Stefanie Schitteck: Die Familie(n) Horwitz, in: Hanno Balz (Hrsg.), Verdrängung und Profit. Die Geschichte der „Arisierung“ jüdischen Eigentums in Lüneburg 1933-1943, Lüneburg 2011, S. 74-89, hier S. 83-87
https://lg.geschichtswerkstatt-lueneburg.de/wp-content/uploads/2018/11/Stolpersteine-Lbg.-2018.pdf
Namensvarianten: Anni